Grafiker, Buchgestalter
Am 29. Juni 1932 in Marienburg/Westpreußen geboren, lebt in Berlin.
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Schwarz und Weiß
Reher ordnet nicht nur Dinge zu einer neuen Aussage an, das Gleiche tut er auch mit Porträts, indem er sie zerschneidet und in seinen Fotocollagen neu zusammenfügt. Kühl und rätselhaft ragen sie aus dem Schwarz des Umschlages.
Jedes der fast 300 Cover hat seine eigene Geschichte - wie die von der hübschen Verlagsmitarbeiterin, die sich auch mal auf einem der Umschläge verewigt sehen wollte und dann auf einem James-Baldwin-Titel ("Rückkehr aus der Wüste") landet, gemeinsam mit einem ihr unbekannten Farbigen, den sie im Auftrag Rehers von der Straße holt. Der posiert mit ihr gemeinsam in Rehers zerrissenen Pullover für das Foto. Daraus ergibt sich später fast ein Eklat mit politischen Folgen für Reher, wusste doch niemand, wer der Mann wirklich war, der später im Verlag anrief mit der kryptischen Botschaft: "Der Pullover liegt in der Friedrichstraße." Am Ende geht alles gut.
Lothar Reher ist Praktiker, Künstler, ein Augenmensch, der seine Bilder, die er im Kopf hat, verwirklicht. Als künstlerischer Leiter begutachtet er im Verlag die Arbeiten von Grafikern, die Kunst studiert haben. Er selbst ist eher Autodidakt. Eine typische Nachkriegskarriere: Das Gymnasium kann er nicht abschließen, nachdem Mutter und Vater früh sterben und er selber sehen muss, wie er sich durchschlägt. Er absolviert eine Ausbildung zum Schriftsetzer. Fünf Jahre arbeitet er in einer Druckerei, sie wird eine Art Zuhause. Er interessiert sich für die Gestaltung von Prospekten, Plakaten und Katalogen - und er geht mit offenen Augen durch Berlin, entdeckt die Arbeiten eines gewissen Klaus Wittkugel, der renommierte Gebrauchsgrafiker begegnet ihm später als Professor wieder. Er bewundert Werner Klemke. Er bildet sich weiter, landet schließlich bei Volk & Welt.
Der Talentierte nutzt weiter seine Chancen, so kommt es im Verlag zu
einer Begegnung mit John Heartfied. Der ist 1950 aus Amerika in die DDR
gekommen und soll gerade zwei Mühsam-Bände für die Akademie der Künste
im Verlag gestalten, Reher soll ihn unterstützen. Erst geraten die
beiden in einen heftigen Disput, da Reher kein Blatt vor den Mund nimmt,
ehe sie später Freunde werden.
Heartfield lenkt Rehers Aufmerksamkeit auf Dada und die Fotografie. Das Fotografieren bringt sich Reher selbst bei. Ebenso die Technik des Marmorierens. Und wieder sucht er sich einen Lehrer, Gerhard Hesse, der in Leipzig eine Werkstatt für Papierveredlung betreibt und mit dem er sich über seine nächtlichen Experimente austauschen kann. Im Marmorieren bringt er es so zur Meisterschaft.
Heartfield lenkt Rehers Aufmerksamkeit auf Dada und die Fotografie. Das Fotografieren bringt sich Reher selbst bei. Ebenso die Technik des Marmorierens. Und wieder sucht er sich einen Lehrer, Gerhard Hesse, der in Leipzig eine Werkstatt für Papierveredlung betreibt und mit dem er sich über seine nächtlichen Experimente austauschen kann. Im Marmorieren bringt er es so zur Meisterschaft.
Ende der Verlagskarriere nach Biermann-Protest
Doch Reher engagiert sich nicht nur als Grafiker. Er gehört auch zu
den Erstunterzeichnern der Protestresolution gegen die Ausbürgerung
seines Freundes Biermann 1976. Zuerst wird er aus der Verlagsleitung
aussortiert, darf zwar weiter bei Volk & Welt arbeiten, fühlt sich
aber gegängelt. 1979 kündigt er und beginnt, freiberuflich zu arbeiten.
Ungeachtet dessen gestaltet er seine schwarze und weiße Reihe trotzdem
weiter.
"Wat ich grade mache? Wat ich grade mache, ist, womit ich 50 Jahre geliebäugelt habe. Ich war wirklich ein sehr fleißiger Mensch, ich war künstlerischer Leiter, hatte eine Abteilung, ..., ich hatte Familie ... Sehnsuchtsvoll habe ich dann immer mal geguckt nach Leuten, die spaziern gegangen sind, und sich im Park geknutscht haben ... und ich musste arbeiten. Jetzt mach ich dat, was ich schon immer wollte, ich spiel jetzt Oblomow."
"Wat ich grade mache? Wat ich grade mache, ist, womit ich 50 Jahre geliebäugelt habe. Ich war wirklich ein sehr fleißiger Mensch, ich war künstlerischer Leiter, hatte eine Abteilung, ..., ich hatte Familie ... Sehnsuchtsvoll habe ich dann immer mal geguckt nach Leuten, die spaziern gegangen sind, und sich im Park geknutscht haben ... und ich musste arbeiten. Jetzt mach ich dat, was ich schon immer wollte, ich spiel jetzt Oblomow."
Nach dem Mauerfall
Mit dem Fall der Mauer ändert sich alles, vor allem auch die Technik.
Lothar Reher entdeckt den Computer. 600 Schriften kann er nun
verwenden, ganz neu mit Fotografie und Typografie experimentieren. 2011
gestaltet er einen opulenten Band über den Mecklenburger Maler Werner
Schinko. Dazu muss er sich neue Software aneignen. Er wird des Lernens
nicht müde, auch nicht mit 79 Jahren.